Erbschaft und Testament in Tschechien

Erb- und Testamentsrecht in Tschechien. Erbschaftsverfahren und Nachlasserledigung.



 

Erbschaft und Testament in Tschechien

 
In der Tschechischen Republik gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie man mit einem Nachlass umgehen kann. Die erste Möglichkeit ist eine Erbschaft im Wege der gesetzlichen Erbfolge, die in demjenigen Fall anzuwenden ist, wenn sich der Erblasser nicht entscheidet, seinen Willen zum Ausdruck zu bringen und den Nachlass nicht aufteilt. In demjenigen Fall, dass der Erblasser beabsichtigen sollte, über sein Vermögen zu entscheiden, kann er eine Verfügung von Todes wegen wie folgt errichten:
 
(i) durch einen Erbvertrag,
 
(ii) durch ein Testament; oder
 
(iii) durch ein Kodizill.
 

Arten von Testamenten in Tschechien

 
Die üblichste Form der Verfügung von Todes wegen ist ein Testament. Die rechtzeitige Errichtung eines Testaments kann vielen Streitigkeiten zwischen den Erben vorbeugen. Diese Möglichkeit ist nicht nur den Staatsbürgern der Tschechischen Republik vorbehalten, aber selbstverständlich können in der Tschechischen Republik auch Ausländer von Todes wegen verfügen, und zwar über jedes beliebige Vermögen. Das Testament richtet sich in einem solchen Fall prinzipiell nach dem tschechischen Bürgerlichen Gesetzbuch, auch wenn es notwendig und geeignet ist, auch eventuelle Einschränkungen und Bedingungen von fremden Rechtsordnungen zu beachten, in denen das Testament ausgeübt werden soll (wo sich das Vermögen und die durch das Testament betroffenen Erben befinden).
 

Testament eines Ausländers und/oder ein ausländisches Testament in Tschechien

 
Im Falle der Errichtung von Testamenten mit Auslandsbezug stellen sich die Fragen der Anerkennung von solchen Testamenten in einer anderen Rechtsordnung, und zwar gleichgültig ob eine Anerkennung von ausländischen Testamenten in der Tschechischen Republik oder umgekehrt. Diese Sachlage regelt für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.
 
Im Falle eines Erbschaftsverfahrens werden die Testamente gemäß dieser Verordnung anerkannt, wenn sie der Rechtsordnung jenes Staates genügen, in dem sie errichtet wurden, gegebenenfalls wenn sie der Rechtsordnung jenes Staates genügen, in dem der Erblasser oder einer der Erben seinen Wohnsitz oder den üblichen Aufenthaltsort hatte oder in dem einer von ihnen die Staatsangehörigkeit besaß. Im Falle von Liegenschaften genügt es, dass das Testament demjenigen Staat genügt, in dem sich die Liegenschaften befinden.
 
Die Vollstreckung des Testaments und der Entscheidungen im Erbschaftsverfahren unterliegt jedoch dem nationalen Recht. Für den Fall, dass in einem Erbschaftsverfahren, das im Ausland anhängig ist, ein in Tschechien aufgenommenes Testament verwendet werden sollte, muss man aber damit rechnen, dass der Verlauf des Erbschaftsverfahrens durch die ausländische Regelung beeinflusst werden kann.
Etwas anderes gilt, wenn der Staatsangehörige eines Nicht-EU-Staates handelt. In einem solchen Fall richten sich diese Rechtsbeziehungen nicht nach der oben angeführten Verordnung, sondern nach dem internationalen Privatrecht. Dieses Gesetz regelt die Beziehungen mit Auslandsbezug, also jene Fälle, wenn z.B. ein Beteiligter der Staatsangehörige eines anderen Staates ist, in dem er sich dauerhaft aufhält. In der Tschechischen Republik findet in diesen Fällen das Kriterium der Staatsangehörigkeit Anwendung. Das bedeutet, dass wenn in der Tschechischen Republik z.B. ein amerikanischer Staatsbürger mit dem Wohnsitz in der Tschechischen Republik stirbt, dann ist auf die Erbschaft das US-amerikanische Recht anzuwenden.
 
Einige Staaten verwenden jedoch eine abweichende Form der Lösung dieser Problematik. Einen solchen Fall können wir uns z.B. in Bezug auf eine bewegliche Sache vorstellen, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes bei sich hat, er besitzt jedoch auch eine Liegenschaft auf dem Gebiet eines anderen Staates. Auf alle Sachen, die zum Nachlass gehören, findet das Recht des Staates der Angehörigkeit des Erblassers Anwendung, und zwar auch in einem solchen Fall, wenn sie sich auf dem Gebiet eines anderen Staates befinden würden. Daraus folgt, dass wenn der Erblasser ein tschechischer Staatsbürger ist, dann ist auf seinen Nachlass das tschechische Recht anzuwenden, auch wenn sich die Bestandteile seines Nachlasses in Deutschland befinden sollten. Anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen wir die Problematik des beweglichen Vermögens und der Liegenschaft als eines Bestandteils des Nachlasses.
 
Der Erblasser hat seinen Wohnsitz in Deutschland und stirbt als Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in der Tschechischen Republik registriert ist. Der Gesellschaftsvertrag setzt gleichzeitig fest, dass der Geschäftsanteil dieses Gesellschafters auf seine Erben übergehen kann. Daraus folgt, dass der Erwerb des Anteils nach dem deutschen Recht geregelt wird, der Übergang des Eigentumsrechts an den Sachen, die sich auf dem Gebiet der Tschechischen Republik befinden, wird jedoch nach dem tschechischen Recht geregelt.
 

Testament in der Tschechischen Republik

 
Ein Testament ist eine widerrufliche schriftliche Willensäußerung, mit der der Erblasser, solange er noch lebt, bestimmt, wie sein Vermögen nach seinem Tod verteilt werden soll. Diese Äußerung muss verständlich sein und sie muss ohne Zwang durch eine zu dieser Rechtshandlung befähigte Person erfolgen. Ein Testament kann in Form einer privaten Urkunde oder einer notariellen Niederschrift verfasst werden.
 

Ein in der Tschechischen Republik in Form einer privaten Urkunde verfasstes Testament

 
Ein in der Form einer privaten Urkunde verfasstes Testament kann eigenhandschriftlich verfasst und unterschrieben werden. Dann handelt es sich um ein holografisches Testament. Für den Fall, dass das Testament auf eine andere Art verfasst und vom Erblasser nur unterschrieben werden sollte, ist es notwendig, dass gleichzeitig auch zwei Zeugen unterzeichnen, die der unterzeichnete Teil nicht betreffen darf. Für den Fall von Sehbehinderten und Personen mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung sind drei Zeugen erforderlich und das Testament muss durch eine gesonderte Art der Kommunikation gedolmetscht werden.
 

Ein in der Tschechischen Republik in Form einer öffentlichen Urkunde verfasstes Testament

 
Für den Fall der Verfassung eines Testaments durch eine notarielle Niederschrift ist es von Vorteil, dass der Notar, der das Testament verfasst, sich überzeugen muss, dass der Erblasser zur Verfassung nicht gezwungen wurde und dass er verständig und ernsthaft gehandelt hat. In diesem Fall wird das Testament vom Notar in der elektronischen Evidenz der Rechtshandlungen von Todes wegen hinterlegt, die von der Notarkammer der Tschechischen Republik geführt wird und niemand außer dem Notar und der vom Notar beauftragten Personen hat Zugriff darauf. Im Falle eines Erbschaftsverfahrens in der Tschechischen Republik hat der tschechische Notar immer zu überprüfen, ob es ein notarielles Testament gibt, d.h., dass sicher ist, dass sich das Testament nach dem Tod des Erblassers findet und dass es nicht „verloren gehen“ kann. Aber auch jene Testamente, die als private Urkunden verfasst wurden, können auf diese Weise bei einem Notar ausbewahrt werden.
 

Testament mit Erleichterungen

 
In den außerordentlichen Situationen einer Lebensbedrohung ermöglicht das tschechische Bürgerliche Gesetzbuch die Verfassung eines Testaments, das nicht alle gesetzlichen Erfordernisse beinhaltet. Es handelt sich um jene Situationen, die es dem Erblasser nicht ermöglichen, das Testament in Schriftform zu verfassen und deshalb ist es möglich, dies zum Beispiel durch eine Erklärung vor dem Bürgermeister der Gemeinde, vor einem Schiffskapitän oder Flugzeugkapitän oder vor dem Befehlshaber einer militärischen Einheit zu tun. Solche Testamente haben nur eine eingeschränkte Laufzeit und die Frist beginnt ab jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Erblasser das Testament in Form einer öffentlichen Urkunde verfassen kann.
 

Inhalt eines in der Tschechischen Republik verfassten Testaments und Nebenabreden

 
Neben der Verteilung des Vermögens durch ein Testament hat der Erblasser auch die Möglichkeit, den Erben im Testament sog. Nebenabreden aufzuerlegen, die die Form einer Anweisung, einer Bedingung oder eines Zeitnachweises haben können. In einem solchen Fall werden jedoch nie solche Nebenabreden berücksichtigt, die den Erben belästigen, die Willkür des Erblassers beweisen, gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, unverständlich oder unmöglich sind. Man darf auch nicht in private und eheliche Rechte eingreifen.
 

Ersetzung von Erben im Testament

 
Der Erblasser hat so die Möglichkeit, im Testament Ersatzerben für jenen Fall zu berufen, dass die von ihm bestimmte Person nicht zum Erben werden sollte. Ersatzerben können auch für diese Erbsatzerben bestimmt werden, damit so garantiert wird, dass die Erbschaft schließlich zumindest eine der vom Erblasser bestimmten Personen bekommt. Eine gesonderte Form der Ersetzung ist die treuhänderische Nachfolge, wo der Erblasser dem Erben anordnen kann, dass er das Erbe nach seinem Tod oder in einem anderen bestimmten Fall auf den eingesetzten Erben überträgt. Ein solcher Erbe darf die Erbschaft nutzen, er darf sie jedoch nicht veräußern.
 

Aufhebung eines Testaments in Tschechien

 
Der Erblasser hat das Recht, sein Testament jederzeit aufzuheben, und zwar entweder durch Verfassung eines neuen Testaments oder durch Abberufung des Testaments. Die Abberufung erzielt er sowohl durch eine Erklärung in der gleichen Form, die er für die Verfassung des Testaments gewählt hat, als auch durch die Vernichtung oder Herausgabe des Testaments, das in Form einer notariellen Niederschrift verfasst wurde, zurück an den Erblasser.
 

Erbvertrag und Kodizill

 
Neben dem Testament kann in Tschechien auch ein Erbvertrag vereinbart werden, der im Gegensatz zu einem Testament eine bilaterale Handlung, bei dem der Erblasser die jeweils andere Partei als Erben einsetzt und die andere Partei das Erbe annehmen muss. Gleichzeitig ist es jedoch auch für die Aufhebung des Erbvertrags erforderlich, dass der Erbe seine Zustimmung erteilt. Ein Erbvertrag bedarf immer der Form einer öffentlichen Urkunde und er kann höchstens drei Viertel des Nachlasses betreffen. Über das letzte Viertel muss anders entschieden werden, zum Beispiel gerade durch ein Testament.
 
Ein Kodizill gleicht einem Testament, es dient jedoch nicht zur Einsetzung der Erben. Für den Fall, dass ein Verweis, eine Anweisung oder eine Verfallklausel nicht den Bestandteil des Testaments bildet, kann dies gerade durch ein Kodizill gesondert geregelt werden.
 
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JUDr. Mojmír Ježek, Ph.D.
 
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