Gewinnverwendung und Gewinnausschüttung in Tschechien

Gewinnausschüttung und Aufteilung von Eigenmitteln bei tschechischen Gesellschaften

Der ordentliche Rechnungsabschluss ist nach den aktuellen Schlussfolgerungen des Obersten Gerichts für die Gewinnverwendung auch nach Ablauf der Frist „verwendbar“, innerhalb der er von der Hauptversammlung erörtert werden soll.

 

GEWINNVERWENDUNG UND AUFTEILUNG VON EIGENMITTELN DER TSCHECHISCHEN GESELLSCHAFTEN

 
Die Bedingungen für Gewinnverwendung (Dividenauschüttung) in Tschechien in einer GmbH oder Aktiengesellschaft regelt das Gesetz Nr. 90/2012 Slg. über Handelskörperschaften (ZOK). ZOK regelt auch die Eine Anzahlung für die Ausschüttung eines Gewinnanteils. Die erforderlichen Bedingungen für die ordentliche Entscheidung der Hauptversammlung und des statutarischen Organs über die Ausschüttung eines Gewinnanteils bei Kapitalgesellschaften sind:
 
(i) die Existenz eines ordentlichen oder außerordentlichen Rechnungsabschlusses, auf dessen Grundlage gemäß § 34 Abs. 1 ZOK ein Gewinnanteil festgesetzt werden kann;
 
(ii) Genehmigung des ordentlichen oder außerordentlichen Rechnungsabschlusses für das abgelaufene Geschäftsjahr durch die Hauptversammlung,
 
(iii) keine Verursachung der Insolvenz der Gesellschaft und die Erfüllung des nachstehend angeführten Insolvenztests gemäß § 40 Abs. 1 ZOK,
 
(iv) die Erfüllung des sog. Bilanztests gemäß § 161 Abs. 4 ZOK für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (der Betrag zur Aufteilung an die Gesellschafter kann die Höhe des Wirtschaftsergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zuzüglich Gewinnvortrag und abzüglich Verlustvortrag und Zuweisungen an den Reservefonds und andere Fonds nicht überschreite“) oder gemäß § 350 ZOK für eine Aktiengesellschaft „zum Tag der Beendigung des letzten Geschäftsjahres darf das Eigenkapital aus dem ordentlichen oder außerordentlichen Rechnungsabschluss oder das Eigenkapital nach dieser Aufteilung unter die Höhe des gezeichneten Stammkapitals sinkt, zuzüglich Fonds die gemäß diesem Gesetz oder der Satzung nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden können und der Betrag zur Ausschüttung an die Aktionäre darf nicht die Höhe des Wirtschaftsergebnisses für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr überschreiten, zuzüglich Gewinnvortrag und abzüglich Verluste der Vorperioden und Zuweisungen an den Reservefonds und sonstige Fond“), und
 
(iv) keine Aktivierung der Entwicklungskosten, ggf. nur unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 des Gesetzes Nr. 563/1991 Slg., Buchhaltungsgesetz.
 
ZOK beinhaltet keine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Termins für die Entscheidung über Gewinnverwendung, § 181 Abs. 2 ZOK setzt jedoch für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bzw. § 403 Abs. 1 ZOK für eine Aktiengesellschaft fest, dass der ordentliche Jahresabschluss von der Gesellschafterversammlung/Hauptversammlung spätestens innerhalb von 6 Monaten nach dem letzten Tag des vorhergehenden Geschäftsjahres zu behandeln ist.
 
Neben den oben erwähnten Erfordernissen ist auch der Insolvenztest sehr wichtig, der in § 40 Abs. 1 ZOK geregelt ist, der vor der Gewinnverwendung durchzuführen ist. Folglich stellt dies eine Einschränkung für die Ausschüttung des Gewinns und der Mittel aus sonstigen eigenen Quellen (und Anzahlungen dafür) dar und verbietet die Auszahlung, wenn die Gesellschaft dadurch in Insolvenz geraten sollte und hierdurch ihre Gläubiger tatsächlich geschädigt würden. Für sonstige Eigenquellen können die Positionen des Eigenkapitals außer Gewinn und das Stammkapital/Grundkapital gehalten werden, und zwar insbesondere Emissionsagio, Kapitalrücklagen und Herabsetzung des Stammkapitals/Grundkapitals. Auch wenn die Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung über die Gewinnausschüttung entscheiden sollte, so darf der Gewinn vom statutarischen Organ nicht ausgeschüttet werden, wenn es dadurch zur Verletzung dieser Pflicht kommen sollte. Für die Einhaltung dieser Einschränkung haftet das statutarische Organ, dessen Mitglieder im Rahmen der Wahrnehmung ihres Amts mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu handeln haben.
 

KEINE GEWINNAUSSCHÜTTUNG UND DIE GRÜNDE DAFÜR

 
Das Recht auf Ausschüttung des in der Handelskörperschaft erreichten Gewinns gehört zu den hauptsächlichen Rechten der Gesellschafter/Aktionäre. Wenn die Gesellschaft Gewinn erzielt, kann die Gesellschafterversammlung/Hauptversammlung nur aus wichtigen Gründen entscheiden, dass der Gewinn nicht an die Gesellschafter (Aktionäre) ausgeschüttet wird, und außerdem nur dann, wenn dabei das Verbot des Missbrauchs der Stimmenmehrheit beachtet wird. Zu den wichtigen Gründen zählen zum Beispiel die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags/der Satzung, die festsetzen, dass ein Teil des Gewinns an die Mitglieder der Organe der Gesellschaft und ihre Mitarbeiter auszuschütten ist oder einem aufgrund des Errichtungsakts errichteten Fonds zuzuweisen ist. Den Gesellschaftern (Aktionären) muss aber nicht einmal der restliche Teil des Gewinns ausgeschüttet werden, der nicht gemäß den im Gesellschaftsvertrag/in der Satzung festgesetzten Regeln verwendet wird. Dies kann aber wiederum nur aus wichtigen Gründen geschehen, wie z.B. die Wirtschaftslage der Gesellschaft oder erwartete künftige Ausgaben, für die entsprechende Rückstellungen gebildet werden müssen. Im Falle einer Aktiengesellschaft müssen diese Gründe in der Einladung zur Hauptversammlung angeführt werden.
 

ENTWICKLUNG DER BEDINGUNGEN ZUR GEWINNVERWENDUNG IN DER TSCHECHISCHEN RECHTSPRECHUNG

 
Das Handelsgesetzbuch, das durch das Gesetz über Handelskörperschaften ersetzt wurde, setzt keine Frist für die Entscheidung über Gewinnverwendung und Ausschüttung der Gewinnanteile fest. Der in der Praxis allgemein akzeptierte Schluss, dass dies innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach dem Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen muss, ergab sich aus dem Urteil des obersten Gerichts Aktenzeichen 29 Cdo 4284/2007. Das oberste Gericht argumentierte unter anderem damit, dass ein Jahresabschluss, der älter als 6 Monate ist, nicht mehr aktuell genug dafür ist, dass er ein reales aktuelles Bild der Buchhaltung für die Entscheidung über die Gewinnverwendung liefert.
 
Das oben angeführte Urteil wurde jedoch in der Praxis als unpraktisch kritisiert und im Hinblick auf die geänderte gesetzliche Regelung in ZOK erschienen in der Fachliteratur neue Auslegungen, dass die Schlüsse des vorhergehenden Urteils nicht mehr durchgesetzt werden. Das Gesetz über Handelskörperschaften (ZOK) hat jedoch nicht einmal die Frist über die Gewinnausschüttung festgesetzt, aber entgegen der ursprünglichen Regelung wurde in § 40 Abs. 1 ZOK der Insolvenztest ausdrücklich festgesetzt. Diese Bestimmung wird für wichtig gehalten, um eine Ausschüttung der Gewinnanteile zum Nachteil der Gläubiger der Gesellschaft zu verhindern, auch wenn vielleicht seit dem Ende des Geschäftsjahres eine längere Frist abgelaufen wäre. Außerdem ergibt aus Sicht der Buchhaltung die Grenze von 6 Monaten für die Aktualität des Rechnungsabschlusses in der Praxis keinen Sinn. Wenn es in der Gesellschaft zu keiner erheblichen Änderung kommt, dann kann auch ein älterer Jahresabschluss aktuell sein und ein reales Bild auch nach Ablauf dieser Zeit bieten. Im Gegenteil können grundsätzliche Ereignisse vor dem Ablauf der Frist von 6 Monaten dazu führen, dass der Jahresabschluss nicht mehr aktuell ist.
 
Am 27.03.2019 hat das Oberste Gericht ein neues Urteil unter Az. 27 Cdo 3885/2017, erlassen, im dessen Rahmen es sich unter anderem mit den Bedingungen für die Gewinnverwendung in einer Aktiengesellschaft während der Gültigkeit des Gesetzes ZOK befasst hat. Es hat in erster Linie die „Verwendbarkeit“ des ordentlichen Jahresabschlusses für die Gewinnverwendung auch nach Ablauf der Frist, in der der ordentliche Jahresabschluss von der Hauptversammlung verhandelt werden sollte (§ 403 Abs. 1 ZOK) akzeptiert und erläutert, dass mit Wirkung ab dem 01.01.2014 ein ordentlicher Jahresabschluss, der für das vorgehende Geschäftsjahr erstellt wurde, als eine Unterlage für die Entscheidung der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung der Aktiengesellschaft bis zum Ablauf des folgenden Geschäftsjahres dienen kann.
 
Der Grund für diese Schlussfolgerung ist gerade im Unterschied zur früheren Regelung die ausdrückliche Regelung des sog. Insolvenztests, dessen Anwendung selbst für die Erreichung des Ziels genüge sollte, der durch die heute schon überholte Rechtsprechung verfolgt wird. Dieses Ziel war unter anderem die Verhinderung des Transfers der Mittel aus der Gesellschaft zum Nachteil ihrer Gläubiger.
 
Die Entscheidung des Obersten Gerichts öffnet den Weg zu einer ganzen Reihe von Möglichkeiten, wie man mit dem Gewinn einer Kapitalgesellschaft umgehen kann. Sie bringt jedoch gleichzeitig relativ hohe Ansprüche an die statutarischen Organe der tschechischen Gesellschaften mit sich. Die Nichteinhaltung der Regeln für die Gewinnausschüttung sollte nämlich als Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes beurteilt werden.
 
Aktuell wird in der Abgeordnetenkammer unter dem AZ 207/0 , eine Änderung des Gesetzes ZOK vorgeschlagen, die die Auffassung des Obersten Gerichts bestätigt. Wenn die Änderung angenommen wird, werden die Bedingungen für die Gewinnverwendung und Aufteilung von Eigenmitteln und Vorschüssen wesentlich genauer und strenger geregelt. Wir trauen uns jedoch nicht vorauszusehen, ob und wann die Änderung von ZOK und in welcher endgültigen Fassung im Hinblick auf die Art und Weise der Verabschiedung von Gesetzesänderungen in Tschechien genehmigt wird. Neu sollen §§ 34 und 35 ZOK nun wie folgt lauten:
 
㤠34
Anteil am Gewinn und an anderen Eigenmitteln
((1) Der Anteil am Gewinn und an anderen Eigenmitteln wird aufgrund eines ordentlichen oder außerordentlichen Rechnungsabschlusses festgesetzt, der vom obersten Organ der Handelskörperschaft genehmigt wurde, Aufgrund des Rechnungsabschlusses gemäß dem ersten Satz können Gewinn und sonstige Eigenmittel bis zum Ablauf des nach dem Geschäftsjahr, für das der Rechnungsabschluss erstellt wurde, folgenden Geschäftsjahres ausgeschüttet werden. Gewinn und sonstige Eigenmittel können nur an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag setzt etwas Abweichendes fest.
(2) Der Betrag zur Ausschüttung darf in einer Kapitalgesellschaft oder in einer Genossenschaft die Summe des Jahresergebnisses des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres, des Jahresergebnisses der Vorjahre und der sonstigen Rücklagen, die die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft nach ihrem Ermessen verwenden kann, abzüglich Zuweisungen in den Reservefonds und sonstiger Rücklagen in Übereinstimmung mit dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag nicht überschreiten. Eine Entscheidung des obersten Organs im Widerspruch zum ersten Satz hat keine Rechtswirkungen. Zur Ausschüttung dürfen nicht jene Rücklagen verwendet werden, deren Entstehung, Änderung oder Erlöschen eine Rechtsvorschrift oder der Gesellschaftsvertrag in einer solchen Form regelt, die die Ausschüttung nicht zulässt.
(3) Über die Ausschüttung des Anteils am Gewinn und an sonstigen Eigenmitteln entscheidet das statutarische Organ. Wenn die Ausschüttung im Widerspruch zum Gesetz steht, werden die Anteile am Gewinn oder an sonstigen Eigenmitteln nicht ausgeschüttet. Es wird davon ausgegangen, dass jene Mitglieder des statutarischen Organs, die mit der gesetzwidrigen Ausschüttung einverstanden waren, nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gehandelt haben.
(4) Der Anteil am Gewinn und an sonstigen Eigenmitteln ist innerhalb von 3 Monaten nach dem Tag zur Zahlung fällig, an dem die Entscheidung des obersten Organs der Gesellschaft über die Ausschüttung getroffen wurde, es sei denn, das Gesetz, der Gesellschaftsvertrag oder das oberste Organ setzen etwas Abweichendes fest.
(5) Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Aufteilung und Ausschüttung von sonstigen Eigenmitteln finden auf die Herabsetzung des Stammkapitals keine Anwendung.
 
§ 35
Vorauszahlung auf Gewinnanteil
(1) Eine Vorauszahlung auf den Gewinnanteil kann nur aufgrund eines Zwischenabschlusses ausgezahlt werden, aus dem sich ergibt, dass die Handelskörperschaft über ausreichende Mittel für die Gewinnverwendung verfügt. Die Summe der Vorauszahlungen auf den Gewinnanteil darf die Summe des Jahresergebnisses des laufenden Geschäftsjahres, des Jahresergebnisses der Vorjahre und der sonstigen Gewinnrücklagen, die die Handelskörperschaft nach eigenem Ermessen verwenden kann, abzüglich Zuweisungen in den Reservefonds und sonstiger Rücklagen in Übereinstimmung mit dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag nicht überschreiten. Die Summe der Vorauszahlungen auf den Gewinnanteil darf gleichzeitig die Hälfte der durchschnittlichen Jahresergebnisse, die in den letzten drei Geschäftsjahren erzielt wurden, nicht überschreiten.
(2) Die Vorauszahlung auf den Gewinnanteil ist innerhalb von 3 Monaten nach dem Tag zurückzuzahlen, an dem der ordentliche oder außerordentliche Rechnungsabschluss genehmigt wurde oder genehmigt werden sollte, es sei denn, die Summe des Gewinns zur Ausschüttung aus dem ordentlichen oder außerordentlichen Rechnungsabschluss erreicht zumindest die Summe der Vorauszahlungen auf Gewinnanteile, die in Übereinstimmung mit dem Gesetz ausgeschüttet wurden und wenn das oberste Organ über die Ausschüttung dieses Betrags entschieden hat.

 
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