Problematik der Strafmündigkeit von tschechischen juristischen Personen

Mojmír Ježek zu der Strafmündigkeit von tschechischen juristischen Personen in der aktuellen Oktober Ausgabe der Zeitschrift PLUS October 2012 der Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer

Strafmündigkeit juristischer Personen. Was droht ihnen?

Am 1. Januar 2012 trat das Gesetz über die Strafmündigkeit juristischer Personen in Kraft. Obwohl es sich um ein ziemlich kontroverses Gesetz handelt, war Tschechien bis Ende 2011 einer der wenigen EU-Staaten, der die Strafmündigkeit juristischer Personen in seiner Rechtsordnung nicht verankert hatte. In der Praxis ist jedoch bisher kein Fall bekannt, indem eine juristische wegen einer Straftat verurteilt wurde. Allerdings sind bei den aus den Medien bekannten Korruptionsaffären solche Verurteilungen unzweifelhaft zu erwarten.

 

Arbeitnehmer als Risikofaktor

Die juristische Person begeht eine strafbare Handlung nicht selbst, sondern durch diejenigen Personen, die in ihrem Namen handeln. Das Gesetz spricht deshalb über die sog. „Zurechenbarkeit" der strafbaren Handlung juristischer Personen. Für den Inhaber oder die statutarischen Organe ist es wichtig zu wissen, dass eine strafbare Handlung nicht nur durch das Organ selbst, sondern auch durch jede andere Person begangen werden kann, die auf die Leitung, Kontrolle oder Steuerung der juristischen Person entscheidenden Einfluss hat. In bestimmten Fällen genügt auch die Handlung eines Mitarbeiters aus den eigenen Reihen oder einer anderen beauftragten Person. Dies gilt insbesondere, wenn das haftende Organ die vorgeschriebene oder erforderliche Kontrolle der Tätigkeit der Mitarbeiter nicht durchgeführt oder wenn es erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung von Folgen der begangenen strafbaren Handlung unterlassen hat.

Das neue Gesetz erhöht deshalb das Risiko unternehmerischer Tätigkeiten in Tschechien. Infolge einer rechtswidrigen Handlung, die durch leitende Angestellte oder andere Mitarbeiter begangen wurde, kann es nicht nur zu einer Verurteilung des einzelnen Mitarbeiters, sondern auch zur tatsächlichen Bestrafung der juristischen Person kommen. Die einzige Abwehr gegen dieses Risiko besteht in der Vorbeugung im Rahmen interner Schulungen, die die Mitarbeiter über mögliche Folgen ihrer rechtswidrigen Handlung für sie selbst sowie die Gesellschaft aufklären.

 

Was ist der juristischen Person untersagt?

Das Gesetz zählt fast 80 strafbare Handlungen auf, für die juristische Personen bestraft werden können. In der Praxis dürften vor allem Steuerkürzung und -hinterziehung, Verletzung von Urheberrechten, Betrug (einschließlich Versicherungs- und Kreditbetrug und missbräuchlicher Inanspruchnahme von Subventionen) sowie die Nichterfüllung der Anzeigepflicht im Steuerverfahren im Fokus stehen. Zudem ist es strafbar, Angaben über den Stand des Wirtschaftens und des Vermögens zu verzerren, Vorteile bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu vereinbaren, falsche Bestätigungen oder unzutreffende Berichte auszustellen sowie sich einen unberechtigten Zutritt zum EDV-System und dem Informationsträger zu verschaffen. Auch Bestechung und die unberechtigte Beschäftigung von Ausländern ist illegal.

 

Strafen für juristische Personen

Der Gesetzgeber ist sowohl bei der Abgrenzung strafbarer Handlungen als auch bei der Festsetzung möglicher Strafen großzügig vorgegangen. Einer juristischen Person können folgende Strafen auferlegt werden: Auflösung der juristischen Person, Vermögensverfall und Geldstrafen, Verfall oder Beschlagnahmung der Sache oder eines anderen Vermögenswerts sowie Tätigkeitsverbot. Zudem kann der Gesetzgeber der juristischen Person verbieten, öffentliche Aufträge zu erfüllen, Zuwendungen oder Subventionen anzunehmen oder darauf bestehen, das Urteil in öffentlichen Medien auf Kosten der juristischen Person zu veröffentlichen. Aus dem Motivbericht ergibt sich, dass die Geldstrafe am häufigsten verwendet werden soll. Das hängt mit der Zahlungsfähigkeit juristischer Personen und mit einer möglichen höheren Geldstrafe zusammen, die dem durch die Straftat entstehenden Schaden gleichkommt.

 

Eine Abwehr existiert

Wenn die juristische Person feststellt, dass sie eine strafbare Handlung begangen hat, ist wirksame Reue die einzige Möglichkeit, sich ihrer Strafmündigkeit zu entziehen. Wirksame Reue besteht zum Beispiel im freiwilligen Verzicht auf weitere rechtswidrige Handlungen und der Beseitigung der entstandenen Gefahr bzw. der Vermeidung und Wiedergutmachung der schädlichen Folgen. Eine weitere Form der wirksamen Reue ist, sich bei einem Staatsanwalt oder einem Polizeiorgan selbst anzuzeigen, sofern die entstandene Gefahr noch beseitigt oder die schädliche Folgen noch vermieden werden können. Dieses außerordentliche Möglichkeit gibt es jedoch nicht bei der Annahme von Schmiergeld, Bestechung und indirekte Korruption. Eventuelle strafrechtliche Handlungen im Rahmen des internen Audits zu identifizieren, bedarf der qualifizierten Entscheidung, die eine eventuelle künftige Strafmündigkeit der juristischen Person ausschließen würde. Und zwar auch für den Fall einer Anzeige eines Mitarbeiters, der eine strafbare Handlung begangen hat, an die Strafverfolgungsorgane.

Die Strafmündigkeit juristischer Personen stellt ein reales Risiko für Unternehmen dar, das nicht zu unterschätzen ist. Vorbeugung durch Mitarbeiterschulungen und interne Richtlinien können dieses Risiko verringern. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Strafmündigkeit juristischer Personen auf alle ihre Rechtsnachfolger übergeht. Dieses Risiko sollte bei Akquisitionen und Umwandlungen der Gesellschaft berücksichtigt werden.

 

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JUDr. Mojmír Ježek, Ph.D.
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